In Zeiten der Corona-Pandemie spielt Kontaktrückverfolgung zunehmend eine nicht
unerhebliche Rolle in den Diskussionen über eine schrittweise Wiedereröffnung des
öffentlichen Lebens. Analog ausgefüllte Formulare beim Besuch eines Restaurants kennen
wir bereits. Sie sollen sicherstellen, dass im Falle einer Corona-Infektion alle
notwendigen Daten an das Gesundheitsamt weitergeleitet werden und somit alle gefährdeten
Personen kontaktiert werden können. Doch auch Veranstaltungsorte, Geschäfte und andere
öffentliche Lokalitäten müssen abgedeckt werden. Wäre eine digitale Lösung da nicht
vielleicht eine Option? Gibt es diese möglicherweise schon und wenn ja, wie gestaltet
sie sich?
Mit rund 25 Millionen Downloads ist die Corona-Warn-App vermutlich den meisten Menschen
ein Begriff. Veröffentlicht von der Bundesregierung soll sie dabei helfen,
festzustellen, ob Kontakt zu einer mit Corona infizierten Person bestanden hat und ob
ein Ansteckungsrisiko gegeben ist, um letztlich Infektionsketten schneller durchbrechen
zu können. Auch Testergebnisse eines Corona-Tests können über einen QR-Code direkt in
der App abgerufen werden. Kontaktnachverfolgung bietet die App bislang jedoch noch nicht
an.
Seit einer Weile ist deshalb nun eine weitere App im Gespräch, welche schon in weiten
Teilen Deutschlands im Einsatz ist: „luca“. Die kostenlose Anwendung ist erhältlich auf
„Google Play“, im „App Store“ und als Web-App und soll eine schnelle, lückenlose
Kontaktrückverfolgung über eine verschlüsselte und verantwortungsvolle Datenübermittlung
gewährleisten. Auf diesem Wege sollen Gesundheitsämter nachhaltig entlastet und das
öffentliche Leben sicherer gestaltet werden können.
Ob öffentliches Gebäude, Betreiber*in, Gast oder privates Treffen – „luca“ soll jedes Zusammentreffen von Menschen abdecken. Öffentliche Lokalitäten, Restaurants, Geschäfte und jegliche Veranstaltungsorte können sich in der App registrieren und einen QR-Code generieren lassen, welcher vor Ort und zugänglich für jede*n Besucher*in abgebildet werden kann. Über die Handy-Kamera kann dieser von jedem Gast eingescannt werden, sodass in der App im Laufe der Zeit eine Besuchs- und Kontakthistorie angelegt wird. Kommt es zu einer Infektion, können die relevanten Kontaktdaten aller gefährdeten Besucher*innen diskret an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt werden, welches dann Kontakt zu allen Betroffenen aufnimmt. Auch private Veranstaltungen können in der App angelegt werden. Anstelle einer schriftlichen Kontaktliste kann nun über den QR-Code dokumentiert werden, welche Kontakte stattgefunden haben. Die App kann also auch als eine ideale Gedächtnisstütze für jede*n private*n Nutzer*in darstellen, auch, wenn Daten nicht mit dem Gesundheitsamt geteilt werden.
Die Datenhoheit liegt dabei immer bei den Nutzer*innen. Direkte Benachrichtigungen über
das Smartphone im Falle eines Datenzugriffs durch das Gesundheitsamt sorgen für eine
hohe Transparenz für User*innen. Die Freigabe der Kontaktdaten ist nur mit Zustimmung
der Betreiber*innen möglich. Eine Entschlüsselung und Weitergabe dieser Daten kann dabei
nicht erfolgen. Zudem werden Daten nur im Infektionsfall und vom Gesundheitsamt
entschlüsselt. Die Anwendung macht mehrdimensionales Tracing, also die Ablaufverfolgung
auf mehreren Ebenen, möglich. So können nicht nur Kontaktdaten und Besuchshistorien,
sondern auch zusätzliche Informationen wie Sitz- oder Schichtpläne, Bewohnerlisten oder
Einlasszeiten sicher ausgetauscht werden. Durch die schnelle Clustererkennung können
Bereiche und gezielte Kontaktpersonen unkompliziert eingegrenzt werden. Aufgrund der
direkten Anbindung an Gesundheitsämter und die direkte Kommunikation zwischen allen
Beteiligten ist die im Infektionsfall notwendige Geschwindigkeit gewährleistet. Die
Nachverfolgung erfolgt schnell und lückenlos, da „luca“ über direkte Anbindungen an
„SORMAS“ und „Octoware“, die Kontaktpersonen-Management-Systeme der Gesundheitsämter,
verfügt.
Die Corona-Warn-App schneidet bezüglich des Datenschutzes zwar besser ab, verfügt
allerdings noch nicht über Möglichkeiten zur konkreten Kontaktnachverfolgung. Zwar
erhält man eine Warnung im Falle eines Kontaktes zu einer infizierten Person, jedoch
erhält das Gesundheitsamt hierüber keinerlei Kenntnis, denn Nutzer*innen müssen keine
Kontaktdaten hinterlegen. Einträge können von allen Nutzer*innen manuell entfernt
werden, sodass im Falle einer Infektion keine Warnungen hierzu mehr gesendet werden
können. Die Corona-Warn-App ist somit vor allem innerhalb des eigenen Systems, zur
Warnung einzelner Personen im privaten Rahmen, sinnvoll. Gäste, welche ein schriftliches
Formular mit ihren Kontaktdaten ausgefüllt haben, sind jedoch nicht inbegriffen und
werden somit nicht benachrichtigt. Infektionsketten können auf diesem Wege nicht so
schnell und nicht ausreichend unterbunden werden.
Da in der „luca“-App Name, Adresse und Kontaktdaten zwingend hinterlegt werden müssen
und „Check-Ins“ auf einem Server gespeichert werden, können mögliche Gefährdungen durch
Kontakte zu infizierten Personen schnell erkannt und Infektionsketten zügig unterbrochen
werden. Das Gesundheitsamt erhält umgehend die notwendigen Daten und kann alle
Betroffenen schnellstmöglich benachrichtigen. Weite Teile Deutschlands, darunter vor
allem die nördlichen Bundesländer, nutzen die Anwendung bereits. Der weitere Ausbau ist
bereits in Planung.
Doch die Anwendung hat auch bereits Kritik erfahren. Professor Thomas Kahlisch,
Präsidiumsmitglied beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband und Direktor der
Deutschen Zentralbücherei für Blinde in Leipzig, bewertet die App als nicht
barrierefrei. Insbesondere Menschen mit Sehbehinderung würden ausgeschlossen werden, da
die Anwendung bislang noch nicht über eine Sprachausgabe verfügt. Bundestagsabgeordnete
wollen nun noch vor der Sommerpause das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz beschließen.
Doch eigentlich und insbesondere, da die App von öffentlichen Stellen in Auftrag gegeben
worden ist, hätte dies selbstverständlich sein und nicht erst eines Gesetzes bedürfen
sollen. Aktuell gehe man davon aus, dass die Barrierefreiheit kurzfristig implementiert
werden solle.
Nach nun rund neun Monaten möchte die Bundesregierung die Corona-Warn-App nachrüsten und
um die Funktion der Kontaktnachverfolgung ergänzen. Einige Länder und Gesundheitsämter
nutzen jedoch bereits „luca“.
Wir hoffen, auch im Sinne der Nutzerfreundlichkeit, auf eine einheitliche Lösung.
Kontaktnachverfolgung auf transparentem, sicherem Wege wird schließlich notwendig sein,
um öffentliches Leben wieder möglich zu machen und eine gewissen Normalität
zurückzuerlangen.
Quellen: luca-app.de, Bundesregierung, MDR, Focus, Ärztezeitung