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08.04.2021

Digitale Kontaktrückverfolgung


„luca“ vs. „Corona-Warn-App“

In Zeiten der Corona-Pandemie spielt Kontaktrückverfolgung zunehmend eine nicht unerhebliche Rolle in den Diskussionen über eine schrittweise Wiedereröffnung des öffentlichen Lebens. Analog ausgefüllte Formulare beim Besuch eines Restaurants kennen wir bereits. Sie sollen sicherstellen, dass im Falle einer Corona-Infektion alle notwendigen Daten an das Gesundheitsamt weitergeleitet werden und somit alle gefährdeten Personen kontaktiert werden können. Doch auch Veranstaltungsorte, Geschäfte und andere öffentliche Lokalitäten müssen abgedeckt werden. Wäre eine digitale Lösung da nicht vielleicht eine Option? Gibt es diese möglicherweise schon und wenn ja, wie gestaltet sie sich?

„Corona-Warn-App“ noch nicht ausreichend

Mit rund 25 Millionen Downloads ist die Corona-Warn-App vermutlich den meisten Menschen ein Begriff. Veröffentlicht von der Bundesregierung soll sie dabei helfen, festzustellen, ob Kontakt zu einer mit Corona infizierten Person bestanden hat und ob ein Ansteckungsrisiko gegeben ist, um letztlich Infektionsketten schneller durchbrechen zu können. Auch Testergebnisse eines Corona-Tests können über einen QR-Code direkt in der App abgerufen werden. Kontaktnachverfolgung bietet die App bislang jedoch noch nicht an.

Was ist „luca“?

Seit einer Weile ist deshalb nun eine weitere App im Gespräch, welche schon in weiten Teilen Deutschlands im Einsatz ist: „luca“. Die kostenlose Anwendung ist erhältlich auf „Google Play“, im „App Store“ und als Web-App und soll eine schnelle, lückenlose Kontaktrückverfolgung über eine verschlüsselte und verantwortungsvolle Datenübermittlung gewährleisten. Auf diesem Wege sollen Gesundheitsämter nachhaltig entlastet und das öffentliche Leben sicherer gestaltet werden können.

Doch wie genau funktioniert das?

Ob öffentliches Gebäude, Betreiber*in, Gast oder privates Treffen – „luca“ soll jedes Zusammentreffen von Menschen abdecken. Öffentliche Lokalitäten, Restaurants, Geschäfte und jegliche Veranstaltungsorte können sich in der App registrieren und einen QR-Code generieren lassen, welcher vor Ort und zugänglich für jede*n Besucher*in abgebildet werden kann. Über die Handy-Kamera kann dieser von jedem Gast eingescannt werden, sodass in der App im Laufe der Zeit eine Besuchs- und Kontakthistorie angelegt wird. Kommt es zu einer Infektion, können die relevanten Kontaktdaten aller gefährdeten Besucher*innen diskret an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt werden, welches dann Kontakt zu allen Betroffenen aufnimmt. Auch private Veranstaltungen können in der App angelegt werden. Anstelle einer schriftlichen Kontaktliste kann nun über den QR-Code dokumentiert werden, welche Kontakte stattgefunden haben. Die App kann also auch als eine ideale Gedächtnisstütze für jede*n private*n Nutzer*in darstellen, auch, wenn Daten nicht mit dem Gesundheitsamt geteilt werden.

Funktionsweise im System

Die Datenhoheit liegt dabei immer bei den Nutzer*innen. Direkte Benachrichtigungen über das Smartphone im Falle eines Datenzugriffs durch das Gesundheitsamt sorgen für eine hohe Transparenz für User*innen. Die Freigabe der Kontaktdaten ist nur mit Zustimmung der Betreiber*innen möglich. Eine Entschlüsselung und Weitergabe dieser Daten kann dabei nicht erfolgen. Zudem werden Daten nur im Infektionsfall und vom Gesundheitsamt entschlüsselt. Die Anwendung macht mehrdimensionales Tracing, also die Ablaufverfolgung auf mehreren Ebenen, möglich. So können nicht nur Kontaktdaten und Besuchshistorien, sondern auch zusätzliche Informationen wie Sitz- oder Schichtpläne, Bewohnerlisten oder Einlasszeiten sicher ausgetauscht werden. Durch die schnelle Clustererkennung können Bereiche und gezielte Kontaktpersonen unkompliziert eingegrenzt werden. Aufgrund der direkten Anbindung an Gesundheitsämter und die direkte Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist die im Infektionsfall notwendige Geschwindigkeit gewährleistet. Die Nachverfolgung erfolgt schnell und lückenlos, da „luca“ über direkte Anbindungen an „SORMAS“ und „Octoware“, die Kontaktpersonen-Management-Systeme der Gesundheitsämter, verfügt.

Zwei Anwendungen im Vergleich

Die Corona-Warn-App schneidet bezüglich des Datenschutzes zwar besser ab, verfügt allerdings noch nicht über Möglichkeiten zur konkreten Kontaktnachverfolgung. Zwar erhält man eine Warnung im Falle eines Kontaktes zu einer infizierten Person, jedoch erhält das Gesundheitsamt hierüber keinerlei Kenntnis, denn Nutzer*innen müssen keine Kontaktdaten hinterlegen. Einträge können von allen Nutzer*innen manuell entfernt werden, sodass im Falle einer Infektion keine Warnungen hierzu mehr gesendet werden können. Die Corona-Warn-App ist somit vor allem innerhalb des eigenen Systems, zur Warnung einzelner Personen im privaten Rahmen, sinnvoll. Gäste, welche ein schriftliches Formular mit ihren Kontaktdaten ausgefüllt haben, sind jedoch nicht inbegriffen und werden somit nicht benachrichtigt. Infektionsketten können auf diesem Wege nicht so schnell und nicht ausreichend unterbunden werden. Da in der „luca“-App Name, Adresse und Kontaktdaten zwingend hinterlegt werden müssen und „Check-Ins“ auf einem Server gespeichert werden, können mögliche Gefährdungen durch Kontakte zu infizierten Personen schnell erkannt und Infektionsketten zügig unterbrochen werden. Das Gesundheitsamt erhält umgehend die notwendigen Daten und kann alle Betroffenen schnellstmöglich benachrichtigen. Weite Teile Deutschlands, darunter vor allem die nördlichen Bundesländer, nutzen die Anwendung bereits. Der weitere Ausbau ist bereits in Planung.

„luca“ in der kritischen Beurteilung

Doch die Anwendung hat auch bereits Kritik erfahren. Professor Thomas Kahlisch, Präsidiumsmitglied beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband und Direktor der Deutschen Zentralbücherei für Blinde in Leipzig, bewertet die App als nicht barrierefrei. Insbesondere Menschen mit Sehbehinderung würden ausgeschlossen werden, da die Anwendung bislang noch nicht über eine Sprachausgabe verfügt. Bundestagsabgeordnete wollen nun noch vor der Sommerpause das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz beschließen. Doch eigentlich und insbesondere, da die App von öffentlichen Stellen in Auftrag gegeben worden ist, hätte dies selbstverständlich sein und nicht erst eines Gesetzes bedürfen sollen. Aktuell gehe man davon aus, dass die Barrierefreiheit kurzfristig implementiert werden solle.

Wie wird es weitergehen?

Nach nun rund neun Monaten möchte die Bundesregierung die Corona-Warn-App nachrüsten und um die Funktion der Kontaktnachverfolgung ergänzen. Einige Länder und Gesundheitsämter nutzen jedoch bereits „luca“. Wir hoffen, auch im Sinne der Nutzerfreundlichkeit, auf eine einheitliche Lösung. Kontaktnachverfolgung auf transparentem, sicherem Wege wird schließlich notwendig sein, um öffentliches Leben wieder möglich zu machen und eine gewissen Normalität zurückzuerlangen.

Quellen: luca-app.de, Bundesregierung, MDR, Focus, Ärztezeitung

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